Azin Soltani – Inside-Outside

 Jedes Jahr im Frühjahr findet die s.g. „Munich Jewellery Week“ auf der Internationalen Handwerksmesse in München statt und begeistert mit vielen Veranstaltungen rund um dieses Ereignis zahlreiche internationale Schmuckinteressierte, Sammler und Museumskuratoren.
Mit Azin Soltani nimmt die Galerie Gudrun Spielvogel an der Sonderschau „Schmuck 2025“ teil. Die iranische Künstlerin, die 2024 auf der „Schmuck“ den renommieren Herbert-Hoffmann-Preis erhalten hat, zeigt ihre Werke erstmals im Kunstkabinett der Galerie Gudrun Spielvogel.
Neben ihren Werken sind Schmuckobjekte von Monika Vesely, Nadine Rosani + Vanesssa Cognard in der Alramstr.19 zu sehen. 

„Die Idee von „Innen und Außen“ stammt von der traditionellen Architektur iranischer Häuser, die außen aus Ziegelmosaiken und innen aus schichtweise aufgetragenem Putz mit Wandmalereien, Spiegeln und anderen feinen Details bestehen. Handgefertigte Lehmziegel für die Wände, die man sieht, wenn man durch die Straßen geht; und handgefertigte Gips- und Spiegelverzierungen im Inneren der Häuser, die man sieht, wenn man eingeladen wird und hinein darf; alles schön, alles haltbar und wetterbeständig über Hunderte von Jahren, wird irgendwann zu Ruinen oder zumindest teilweise verfallen, egal wie sehr man sich bemüht, Naturkatastrophen, Verwitterung oder Plünderung zu vermeiden. Für mich sind Häuser MENSCHEN; die Zeit, die so schnell vergeht und alles beherrscht, ist das LEBEN, und was in diesen Häusern geschieht, ist das LEBEN, und am Ende, da nichts in den Klauen der Zeit unversehrt bleiben kann, kommen die Ruinen, die der TOD sind. Wir kommen in diese Welt, ohne eine Wahl zu haben, wir gehen aneinander vorbei, wir sehen einander von außen, rau oder glatt, schwach oder stark, hässlich oder schön, attraktiv oder unattraktiv, aber wie groß ist die Chance, einander tief genug kennen zu lernen, um das Innere zu sehen? Wir leben, glücklich oder unglücklich, in Hoffnung oder Verzweiflung, gesund oder unter Schmerzen, für einen Moment oder für Jahrzehnte, aber am Ende wartet der Tod in einer Ecke auf uns, unausweichlich und unumkehrbar.
Jeden Tag werden überall auf der Welt Babys geboren, während umgekehrt alte oder junge, kranke oder gesunde Menschen sterben. Manche Häuser verschwinden spurlos, während von anderen nur noch Fragmente der Wände übrig bleiben. Manche Menschen sterben und werden vergessen, als hätte es sie nie gegeben, während andere sterben und Erinnerungsstücke hinterlassen, die nie vergessen werden können. Ich habe Lehmziegel, Gips, Acrylfarben, Spiegel, Faden, Edelstahl und 925er Silber verwendet, um Halsketten und Broschen herzustellen, die Fragmenten von zerstörten Mauern ähneln. Die Mauern wurden so genau nachgebaut, wie die Arbeiter sie errichten. Alte iranische Stuck- und Spiegelarbeiten (Ayeneh-kari) wurden für die Dekoration der inneren Teile verwendet. Ich habe jedoch hauptsächlich Techniken, Methoden und Muster verwendet, die vor etwa 500 Jahren in der Safawidendynastie praktiziert wurden, als geschnitzter Stuck und Malerei von Vögeln, Blumen und Pflanzen gängige Mittel der Verzierung waren, während Spiegelarbeiten hinzugefügt wurden, indem Tausende von fein von Hand geschliffenen Spiegelfacetten in verschiedenen geometrischen oder blattartigen Formen zusammengesetzt wurden, um glänzende und glitzernde, das Licht reflektierende Wände zu schaffen.
Für die Metallstruktur wurde nicht poliertes und nicht metallisiertes Silber zusammengelötet, um sie so primitiv und ungekünstelt wie möglich zu gestalten. Farbveränderungen des Silbers, abblätternde Farbe, Verblassen, Risse in den Ziegeln, herabfallende Spiegel, auch wenn sie im Laufe der Zeit oder durch physische Beschädigung entstehen, sind Eigenschaften der Materialien und der Wände selbst, die bewusst eingesetzt wurden, um die Eigenschaften von uns Menschen zu demonstrieren.“

Azin Soltani, Schmuckobjekte, 2023, Courtesy Azin Soltani